Lesezeit: 4 Minuten
Mögliche Auswirkungen von ChatGPT auf die Hochschulbildung und die Notwendigkeit für einen Diskurs über einen zeitgemäßen Umgang
Seit Wochen wird der öffentliche Diskurs im Bildungssektor von Diskussionen über den Umgang mit ChatGPT, einem generativen Sprachmodell, dominiert. Mit der Euphorie, was das frei verfügbare Tool für elaborierte Texte aus einfachen Fragen und Anweisungen erstellen kann, kam auch die Befürchtung auf, dass eine Leistungsüberprüfung an Schulen und Universitäten mit vielen der gängigen Methoden nicht mehr ohne weiteres möglich ist. Seit dem Launch von ChatGPT Ende November 2022 befindet sich die künstliche Intelligenz (KI) zum Generieren von Texten in der Testphase. Die Zahl der Nutzer:innen stieg binnen weniger Tage wesentlich schneller als die von sämtlichen Online-Diensten in der Vergangenheit (Quelle: Reuters). ChatGPT erreichte in 5 Tagen über eine Millionen Nutzer:innen, wofür Facebook beispielsweise 10 Monate brauchte. Dies zeigt eindrücklich, wie schnell sich diese neue Technik verbreitet und wie stark die Resonanz ist. Schulen in New York City reagierten umgehend und verboten bereits Anfang Januar die Nutzung von ChatGPT und blockierten den Zugang über schulinterne Netzwerke (Quelle: The Guardian). Seitdem wird in Bildungseinrichtungen der ganzen Welt diskutiert, ob es Sinn ergibt, generative Sprachmodelle zu verbieten oder sie eingebettet in didaktische Konzepte als Unterstützung in der Lehre anzuwenden. Das zeigt nicht nur, wie beeindruckend die kontextualisierten Antworten und Texte von ChatGPT sind, sondern auch vor welcher Herausforderung Bildungseinrichtungen plötzlich stehen.
Studierende sind seit jeher einem Konkurrenz- und Leistungsdruck ausgesetzt und nutzen zum Teil jede Möglichkeit, die sie finden können, um das Arbeiten effizienter zu gestalten. Ein Werkzeug, welches auf Anfrage nicht nur Texte generiert, sondern auch in der Lage ist, Wissen von einem Kontext auf einen anderen anzuwenden, ist dabei eine willkommene Unterstützung. Als schnelle Reaktion scheint ein Verbot der Technik naheliegend. Wenn ein Verbot als valide Option jedoch Bestand haben soll, muss es auch einen Weg geben, das Verbot zuverlässig durchzusetzen. Bisher gibt es diesen Weg nicht. Die Analyse, ob ein Text mit Hilfe eines generativen Sprachmodells erzeugt wurde, kann aktuell nur von wenigen Programmen – und das relativ unzuverlässig – durchgeführt werden. Bei dem Versuch, ein Verbot durchzusetzen, würden sich Lehrende und Studierende auf ein Katz und Maus Spiel einlassen. Dabei besteht die Gefahr, dass auf beiden Seiten Ressourcen in einen Prozess fließen, der mit dem eigentlichen Ziel des Wissenserwerbs nichts mehr zu tun hat und immer neue Programme zu Rate gezogen werden, die eine mögliche Täuschung aufdecken oder verschleiern sollen (Quelle: The New York Times). Eine Möglichkeit ChatGPT in der Lehre anzuwenden, wäre es, den Einsatz in Kombination mit anderen Technologien und didaktischen Konzepten wie zum Beispiel Lernmanagement-Systemen zu nutzen. Dies könnte den Studierenden nicht nur eine personalisierte Lernumgebung bieten, in der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse selbstständig erweitern können, sondern sie auch im Umgang mit der neuen Technik schulen und eine verantwortungsvolle und kritische Verwendung unterstützen.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Nutzung von ChatGPT in der Hochschullehre transparent sein sollte und in Verbindung mit anderen didaktischen Methoden und Technologien betrachtet werden muss. Es besteht beispielsweise die Gefahr, dass die Verwendung von KI die Leistungen der Studierenden verfälscht und dazu führt, dass diese in Zukunft nicht mehr in der Lage sind, sich Wissen selbstständig anzueignen und im Transfer anzuwenden. Dadurch könnten Studienabschlüsse beispielsweise an Wert verlieren und Universitäten könnten ihre Rolle als Orte des zertifizierten Wissenserwerbs und der Entwicklung von übergeordneten Fähigkeiten auf lange Sicht bedroht sehen.
Das Curriculum vieler Fachbereiche ist in Prüfungsleistungen und Abschlussarbeiten auf das eigenständige Erstellen von Texten seitens der Studierenden ausgelegt. Die Folgen für einen unreflektierten Gebrauch von ChatGPT oder anderer sprachgenerativer KI stellen die Bildungslandschaft vor eine der größten Herausforderungen ihrer Geschichte.
Was wir bisher in der Interaktion mit KIs wie ChatGPT erleben durften, ist ein kleiner Ausblick in eine Zukunft, in der generative KIs großen Einfluss auf viele Bereiche unserer Informationsgesellschaft haben werden. Es ist jetzt an uns, einen kritischen und verantwortungsvollen Umgang mit dieser Technik zu erlernen und unsere Erkenntnisse und Konzepte an unsere Mitmenschen weiterzugeben. Wir werden wenig Einfluss darauf haben, ob KI in unserer Gesellschaft genutzt wird, aber wir können einen erheblichen Beitrag dazu leisten, auf welche Weise dies geschieht.
Um hier anzusetzen und um mit allen Interessierten über Einsatzszenarien und bildungspraktische sowie -rechtliche Implikationen bei der Nutzung von ChatGPT, DeepL/DeepL Write aber auch Paraphraser, Quillbot, TextCortex und Co. in der Hochschullehre zu diskutieren, wird derzeit von den HessenHub-Teilprojekten an der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Technischen Hochschule Mittelhessen und der Frankfurt UAS ein Expert:innen-Panel aufgebaut und semesterbegleitend für den Sommer 2023 avisiert.
Possible Impact of ChatGPT on Higher Education and the Need for Discourse on Contemporary Use
For weeks, public discourse in the education sector has been dominated by discussions about the use of ChatGPT, a generative language model. With the excitement about what elaborate texts the freely available tool can create from simple instructions, there is also a concern that performance assessment in schools and universities may no longer be possible with many of the current methods. Since the launch of ChatGPT at the end of November 2022, the artificial intelligence (AI) for generating text has been in the testing phase. Within a few days, the number of users increased much faster than for any online service in the past (source: Reuters). ChatGPT reached over a million users in 5 days, which took Facebook 10 months. This clearly demonstrates how quickly this new technology is spreading and how strong the response is. Schools in New York City immediately responded and banned the use of ChatGPT in early January and blocked access via internal networks (source: The Guardian). Since then, education institutions around the world have been discussing whether it makes sense to ban generative language models or to use them as support in teaching embedded in didactic concepts. This not only demonstrates how impressive ChatGPT’s contextualized responses and texts are, but also the challenge that education institutions suddenly face.
Students have always been subject to competitive and performance pressure and have sometimes used any means they can find to make their work more efficient. A tool that not only generates text on request but is also able to apply knowledge from one context to another is a welcome support. A ban on the technology seems like an obvious quick reaction. However, if a ban is to be a valid option, there must also be a way to enforce it reliably. So far, there is no such way. The analysis of whether a text has been generated using a generative language model can currently only be done by a few programs and this is not reliable. In attempting to enforce a ban, teachers and students would enter into a cat-and-mouse game. There is a risk that resources on both sides will be devoted to a process that has nothing to do with the actual goal of acquiring knowledge and that new programs will be consulted to detect or conceal possible deception (source: The New York Times).
One way to use ChatGPT in teaching would be to use it in combination with other technologies and didactic concepts, such as learning management systems. This could not only provide students with a personalized learning environment in which they can independently expand their skills and knowledge but also train them in the use of new technology and support responsible use. It is important to emphasize that the use of ChatGPT in higher education should be transparent and considered in connection with other didactic methods and technologies. For example, there is a risk that the use of AI distorts students’ performance and results in a future where they are no longer able to independently acquire knowledge and apply it. This could lead to academic degrees losing value and universities being threatened as places for certified knowledge acquisition in the long run.
The curriculum of many disciplines is designed around independent text creation by students in examinations and theses. The consequences of an unreflective use of ChatGPT or other language-generating AI present one of the greatest challenges to education in its history. What we have experienced so far in our interactions with AIs like ChatGPT is a small glimpse into a future where generative AIs will have a significant impact on many areas of our information society. It is now up to us to learn how to think critically and handle this technology responsibly and to pass on our knowledge and concepts to others. We will have little influence over whether AI is used in our society, but we can make a significant contribution to how it is used. (This text was translated with the help of ChatGPT.)
Pingback: Shortpost 48 Generative KI 1 – HessenHub – Netzwerk digitale Hochschullehre Hessen