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Hier finden Sie weiter unten Definitionen zu wichtigen Begriffen rund um das Thema Gamification.
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Das Verbundsprojekt der hessischen Hochschulen „HessenHub“ definiert Gamification als eine Anreicherung von Lehr- und Lernszenarien mit Elementen aus dem Gamingbereich. Diese können sowohl analogen wie auch digitalen Spielen entnommen sein und in die analoge wie digitale Lehre integriert werden. Gamification ist demnach kein eigenständiges und vollständiges Spiel, sondern das Loslösen von spielspezifischen Elementen aus dem Spiel und deren Einfügen in einen spielfremden Kontext.
Die Game-Elemente sind in vielfältiger Form vorhanden. Zu den bekanntesten gehören sicherlich Wettkampfmodelle mit Punkten, Ranglisten und das Verleihen sogenannter Badgets für erfolgreich absolvierte Leistungen. Weniger bekannte Mechaniken sind personalisierten Avatare, Storytelling und ein Zufallsgenerator.
Ziel von Gamification ist es den Grad von Motivation und Beteiligung der Studierenden aufrecht zu erhalten und im Idealfall zu steigern. Durch sinnvoll eingesetztes Gamification kann darüber hinaus die Involviertheit der Studierenden in ihre Lernprozesse und die Thematiken erhöht und eine Bindung daran erzeugt werden.
Der Einsatz von Gamification eignet sich besonders gut im Bereich des anwendungsorientiertem und vertiefenden Lernens, wie beispielsweise dem (er)forschenden Lernen oder dem problembasierten Lernen. Darüber hinaus kann es gut zum Aneignen und Trainieren von fächerübergreifender Kompetenzen, der allgemeinen Studierfähigkeit sowie dem Erlernen von wissenschaftlichen oder beruflichen Fähigkeiten eingesetzt werden.
Die Anreicherung der Lehre mit einigen Gamification-Elementen verursacht alleinstehend noch keinen positiven Effekt, da das Entfernen des Elementes aus dem eigentlichen Spielkonzept die dort vorhandene Wechselwirkung mit der zugrunde liegenden Spielmechanik und -dynamik auflöst und sich das Potential im einzelnen Element dadurch gegebenenfalls nicht mehr entfalten kann. Gamification ist demnach nicht mehr spielen, sondern sollte als eine nutzenorientierte Design-Strategie für die Lehre eingesetzt werden, welche aus der Planung von Lernzielen und der daraus resultierenden gewünschten studentischen Aktivität abgeleitet wird. Grundlage hierfür ist nicht (nur) das Einführen von Badgets und Ranglisten „sondern erfordert eine offene und studierendenzentrierte Lehr- und Lernkultur“ (Fischer et al).
Gamification ist nicht mit Gamebased Learning und Serious Games gleichzusetzen und bildet die niedrigste Stufe im Bereich des spielbasierten Lernen.
Zu dem Begriff Serious Games lassen sich in der Literatur unterschiedliche Definitionen finden, so z.B. Serious Games als „Spiele mit einem Lernhintergrund, bei denen spieltypische Elemente eingesetzt werden“ (Eckardt 2017: 139); „Spiele, deren Intention einen realen Zweck verfolgt und die somit oftmals ernsthafte Inhalte implizieren“ (Mitgutsch 2015: 23f); oder „ein Oberbegriff für alle nicht primär der Unterhaltung dienenden Einsatzszenarien von Spielen“ (Wagner 2011: 298). So lassen sich Serious Games als Spiele bzw. spielbasierte Ansätze zu verstehen, die ein Lernziel wie z.B. die Wissensvermittlung, die Änderung der Verhaltensweise, der Kompetenzerwerb bzw. Kompetenzzuwachs verfolgen.
Der Begriff Serious Games wurde noch in den 70er Jahren von Abt verwendet, um dominierende Rolle der Ernsthaftigkeit dieser Art der Spiele zu betonen. Einen neuen Schwung erlebte dieser Begriff im Jahr 2002 in den USA mit dem Start von Serious Games Initiative von Rejeski und Sawyer. Ursprünglich wurden Serious Games zum Training in bestimmten Bereichen wie z.B. bei der Ausbildung in den kaufmännischen Berufen eingesetzt. Mit der Entwicklung von Technologien hat die Anwendung auf verschiedene Gruppen und Einsatzfelder verbreitet. Serious Games können unterschiedlich klassifiziert werden, z.B. das Modell von Sawayer, die Klassifikation von Kickmeier-Rust oder das Paderborner Zwei-Stufen-Modell von Müller-Lietzkow und Jacobs. Die Spiele im Bildungsbereich werden oft als Educational Games bezeichnet.
Serious Games finden heutzutage eine aktive Verwendung auch im Hochschulbereich. Die Vielfalt der Angebote breitet sich von einem digitalen Escape-Room über Simulationen zu den interaktiven Filmen, wo man in einer sicheren virtuellen Umgebung eigene Kenntnisse und Kompetenzen überprüfen und verbessern kann. Die Beispiele der umgesetzten Projekte aus unterschiedlichen Fachbereichen lassen sich im Methodenbox finden.
Mit einem Serious Game können bekannte Inhalte auf eine neue Art und Weise vorgestellt werden, um die Motivation der Studierenden zu erhören sowie das Fachwissen interaktiv zu vermitteln. Die Produktion von solchem Angebot kann sowohl von den einzelnen Personen als auch von größeren Teams umgesetzt werden. Wie man ernsthafte Inhalte in eine spielerische Umgebung einbinden kann, lässt sich bei der „immersiven Didaktik“ von Bopp finden. Zu betonen wäre auch die Studierende Möglichkeit in den Entwicklungsprozess zu involvieren, damit nicht nur das Fachwissen vertieft werden kann, sondern auch die soziale Kompetenz über die konstruktiv-kollaborative Teilnahme gefördert wird.
Serious Games können in der Lehrveranstaltung unterschiedlich integriert werden, z.B. als ein Anreicherungsangebot und eine Grundlage für die vertiefte inhaltliche Diskussion in der Präsenzphase. Ein Serious Games kann von den Studierenden unterschiedlich wahrgenommen werden: neue Darstellungsform kann einerseits das Interesse und Neugier wecken, andererseits als unterhaltsam und leicht wirken. Das hängt oft mit dem Vorwissen, Spielerfahrungen, Motivation der Studierenden zusammen. Damit das Angebot möglichst effektiv genutzt wird, sollte die methodisch-didaktische Einbettung berücksichtigt werden. So ist beim Einsatz von Serious Games nicht nur die Durchführungs- sondern vor allem die Auswertungsphase von großer Bedeutung. In der Debriefing-Phase findet oft der meiste Kompetenzzuwachs und wird der Wissenstransfer ermöglicht. In der anschließenden Diskussion können z.B. Spieler zusätzliches Wissen mitbringen, das in einem Spiel nicht abgebildet werden kann.
Serious Games bieten eine Möglichkeit, bekannte Inhalte aus einer neuen Perspektive darzustellen und dadurch neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Hier finden Sie demnächst eine Definition zu Game Based Learning.
Potenziale und Herausforderungen beim Einsatz von Serious Games in der Lehre Potenziale:
Der Einsatz von Serious Games in der Lehre bietet zahlreiche Potenziale an: – Veranschaulichung und Erprobung der Inhalte und Situationen, die unter realen Bedingungen nicht möglich sind: Spielerische Lernumgebunden können als „Testlabor des Handelns“ benannt werden und bieten die Möglichkeit zum Experimentieren, Ausprobieren und Erkunden der Konsequenzen des eigenen Tuns (Mitgutsch 2015: 21). Eine große Beliebtheit genießen solche Simulationen in zahlreichen Fachkontexten (wie Natur- und Ingenieurwissenschaften, Gebäudeplanung in der Architektur oder Online-Wirtschaftssimulationen in der Betriebswirtschaftslehre) (Wannemacher et al. 2016: 83). Mithilfe der Angebote aus dem Bereich digitalisierter Wirklichkeit können Fertigkeiten trainiert und aufwändige Laborexperimente ersetzt werden (ibid., 81). – Erprobung neuer Rollen und Identifikationen: Durch die spielerische Umgebung können verschiedene Szenarien und Perspektiven ausprobiert werden, die neue Herausforderungen und neue Explorationsräume eröffnen. Eine der möglichen Herausforderungen besteht jedoch darin, dass sich der Spielende beim Verlassen vom Spiel abschaltet und keine direkte Wirkung passiert (Mitgutsch 2015: 21). Es ist daher die Aufgabe des Lehrenden, die Studierenden zu unterstützen, Zusammenhänge zu verstehen und das Gelernte in ihren Alltag zu integrieren. – Die Wiederverwendbarkeit und die Möglichkeit der Wiederholung der Handlung: In der realen Welt ist es problematisch und praktisch nie möglich, eine Situation 1:1 zu wiederholen, während digitale Umgebung es erlaubt, einen neuen Versuch zu machen und Erkenntnisse daraus zu gewinnen. Dabei spielt das Feedback eine wichtige Rolle, das nicht kontrollierend, sondern informativ sein sollte, um externe Kontrolle gering zu halten und Motivationsverluste zu vermeiden (Kerres 2018: 34). – Neue, unbekannte und ungewohnte Art und Weise der Informationsdarstellung: Der Einsatz von Serious Games in der Lehre kann die Motivation der Studiereden erhöhen, sowie stärkeres Engagement bei der Auseinandersetzung mit den Inhalten anspornen (Arnold 2018: 151; Fischer 2017: 114). Der Grund solcher Wahrnehmung kann aber der so genannte Novitäts- oder Neuigkeitseffekt sein. Wenn die erste Phase der Begeisterung vergeht, wird die Tätigkeit routiniert. Wirksame Methoden für langfristigere Effekte wären dabei das Erleben von Kompetenzzuwachs, sowie der Aufbau der intrinsischen Motivation (Kerres 2018: 33f). – Förderung vom informellen und selbstgesteurten Lernen: Serious Games können als Blended Learning bzw. E-Learning-Angebot in der Lehre eingesetzt werden, auf das zeit- und ortsunabhängig zurückgegriffen werden kann, wenn man spezifisches Interesse zum Thema hat oder einige Wissenslücken füllen möchte. Das Nutzen dieser Angebote im eigenen Lernprozess ermöglicht ein aktives Ausprobieren, Erfinden und Anwenden, die Rückmeldungen zu dem Stand des Lernens erhöhen das Empfinden vom Kompetenzzuwachs. – Ausweitung von der echten Lernzeit: Spielerische Lernangebote, die online zur Verfügung stehen, können beim Vor- und Nachbereiten der Inhalte benutzt werden, somit wird die Zeit, wenn sich die Studierenden mit dem Fach bzw. mit den Inhalten auseinandersetzen erhöht (Brash, Pfeil 2017: 23). – Förderung sozialer Kompetenzen: Einerseits sind hier digitale Multi-Player-Szenarien denkbar, andererseits ist das gemeinsame Erarbeiten der Spielszenarien bzw. Spielelemente im Rahmen einer Arbeitsgruppe oder Werkstatt möglich. Wenn Studierende am Erstellen solcher Produkte arbeiten, wird die Interaktion und Kommunikation auch außerhalb vom Seminarraum gefördert, man lernt mehr Verantwortung zu übernehmen (Brash, Pfeil 2017:24). – Förderung digitaler Kompetenzen: Serious Games sind eine der Möglichkeiten der Darstellung und Vermittlung der Fachinhalte. Die Auseinandersetzung mit solcher Art der Medien fördert digitale Kompetenzen der Studierenden. Zu den wichtigen Fertigkeiten, die trainiert werden können, gehört die kritische Auseinandersetzung mit dieser Art der Medien sowie die Möglichkeit eigene digitale Inhalte zu produzieren. Neben den möglichen Potenzialen gibt es auch einige Herausforderungen, die berücksichtigt werden können: – Wissenstransfer: Eine der oft genannten Herausforderungen beim Einsatz von Serious Games sind mögliche Schwierigkeiten beim Wissenstransfer. So weist Kerres darauf hin, dass das didaktische Potenzial von Serious Games noch als unsicher eingeschätzt wird (Kerres 2018: 392, 12). Um möglichst den Transfer zu gewährleisten, spielen die methodisch-didaktische Einbettung der Inhalte, die Verzahnung der Spiel- und der Lernphase eine zentrale Rolle. In der Debriefing-Phase finden die meisten Erkenntnisse statt. – Komplexität der dargestellten Inhalte: Einer der weiteren wichtigen Punkte, der bei dem Einsatz von Serious Games in der Lehre berücksichtigt werden kann, ist die Komplexität der dargestellten Inhalte. Der Umfang der Darstellung der Inhalte in einem digitalen Angebot kann mit unterschiedlichen Aspekten, wie vorprogrammierte Algorithmen oder das didaktische Ziel verbunden werden. Die Begrenztheit der Algorithmen kann zu den Verlusten im Vergleich mit dem Ursprungssystem führen. Andererseits kann die Komplexität absichtlich reduziert werden, um z.B. die Wahrnehmung bei den Anfängern durch das Ausblenden von irrelevanten Elementen zu erleichtern (Kerres 2018: 176). Eine höhere Komplexität erleichtert dabei den Transfer ins reale Leben. – Das Verhältnis von Spiel- und Lernelementen (Hoblitz 2015: 26): Der Einbau von Lernelementen kann den Spielfluss unterbrechen und somit als störend wahrgenommen werden. Um diesen Effekt zu vermeiden, sollen diese Aspekte noch in der Produktionsphase berücksichtigt werden. Außerdem können die Besonderheiten vom Spiel als Medium in der Lehre thematisiert werden. – Visuelle Darstellung der Lernspiele: In der Ästhetik sowie im Design erreichen die Lernspiele oft nicht die Qualität der kommerziellen Angebote (Arnold et al. 2018: 154). Auf diese Schwäche wird auch im Arbeitspapier von Hochschulforum Digitalisierung hingewiesen (Wannemacher 2016: 82). Laut der Studie von Schen, Wang und Ritterfeld tragen solche Faktoren wie ein stabiles System, angemessene Grafik und adäquater Sound, narrative Elemente, Humor und soziale Interaktion dem Spielspaß bei (Hoblitz 2015: 49). – Hohe Entwicklungskosten und Auswirkungen auf die Infrastruktur: Die Entwicklung von Serious Games ist oft mit den hohen Kosten verbunden, da unterschiedliche Aspekte wie Instructional Design, Game Design, Grafik und Art, Programmierung und andere berücksichtigt werden sollen. Außerdem sollen solche Aspekte wie Speicherkapazitäten, datenschutzrechtliche Restriktionen mitbedacht werden. Eine mögliche Vorgehensweise wäre die Einbindung der Studiereden in den Produktionsprozess. Dadurch werden nicht nur fachliche, sondern auch mediendidaktische Kompetenzen verbessert. – Akzeptanz der Angebote: Digitale Lernspiele können oft als unterhaltsam oder einfach eingestuft werden. Das äußert sich darin, dass sich die Studierenden weniger intensiv mit den Inhalten beschäftigen, was zu der geringeren Lernleistung führen kann (Kerres 2018: 95). So gewinnt das Thematisieren von dieser Medienart in der Lehre. Literatur: Arnold, Patricia/ Kilia, Lars/Thillosen, Anne/ Zimmer, Gerhard (2018): Handbuch. E-Learning. Lehren und Lernen mit digitalen Medien. 5. Aufl. Bielefeld: W. Bartelsmann Verlag. 638 S. Brash, Bärbel; Pfeil, Andrea (2017): DLL 9: Unterrichten mit digitalen Medien. Stuttgart: Ernst Klett Sprachen. 189 S. Fischer Helge, Heinz Matthias, Schlenker Lars, Münster Sander, Follert Fabiane, Köhler Thomas (2017): Die Gamifizierung der Hochschullehre – Potenziale und Herausforderungen. In: S.Strahringer, C. Leyh: Gamification und Serious Games. Wiesbaden: Springer Fachmedien S. 113-125 Hoblitz, Anna (2015): Spielend Lernen im Flow. Die motivationale Wirkung von Serious Games im Schulunterricht. Springer Fachmedien: Wiesbaden. 294 S. Irion, Thomas/ Scheiter, Katharina (2018): Didaktische Potenziale digitaler Medien. Der Einsatz digitaler Technologien aus grundschul- und mediendidaktischer Sicht. In: Grundschule aktuell: Zeitschrift des Grundschulverbandes 142, S. 8-11 Jacob, Axel/ Teuteberg, Frank (2017): Game-Based Learning, Serious Games, Business Games und Gamification – Lernförderliche Anwendungsszenarien, gewonnene Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen. In: In: Strahringer, Susanne/ Leyh, Christian: Gamification und Serious Games. Grundlagen, Vorgehen und Anwendungen. Wiesbaden: Springer Fachmedien. S. 97-112 Kerres, Michael (2018): Mediendidaktik. Konzeption und Entwicklung digitaler Lernangebote. 5. Aufl. Berlin: De Gruyter Oldenbourg. 546 S. Klippel, Friederike (1980): Lernspiele im Englischunterricht. Mit 50 Spielvorschlägen. Paderborn: Ferdinand Schöningh. 224 S. Mitgutsch, Konstantin (2015): Serious Games und weniger ernsthafte digitale Spiele und ihr didaktischer Einsatz. Fremdsprache Deutsch 53, S. 20-24. Sambanis, Michaela (2020): Potenziale und Grenzen von digitalen Medien: Befunde aus der Neurowissenschaft, Psychologie, Pädagogik und der Fremdsprachendidaktik. In: Eisenmann, M. (Hrsg.): Sprachen, Kulturen, Identitäten: Umbrüche durch Digitalisierung? Tagungsband DGFF-Kongress 2019 (Beiträge zur Fremdsprachenforschung, 15), Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, 2020 Wannemacher, K., Jungermann, I. Scholz, J., Tercanli, H. & Villiez, A. (2016). Digitale Lernszenarien im Hochschulbereich. Arbeitspapier Nr. 15. Berlin: Hochschulforum Digitalisierung. 114 S.